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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 05.04.2004


Traurige Berühmtheit des mexikanischen Ciudad Juarez
Anne Winkel

Seit 1993 wurden 370 junge Frauen grausam ermordet. 400 bis 500 Frauen werden vermisst. Fedefam, Terre des Femmes und Amnesty International wollen den Druck auf die mexikanischen Behörden erhöhen.




Im Norden Mexikos, an der Grenze zu den USA, liegt Ciudad Juárez. Viele junge Mädchen kommen nach Ciudad Juárez. Sie träumen von einem besseren Leben in den nahen USA. Um ihre Familien zu unterstützen, arbeiten sie in den ansässigen Billiglohnfabriken von Nike, Sony, Mitsubishi und HP, in Bars, Restaurants oder als Prostituierte. 65 % der Fabrikangestellten sind weiblich, über die Hälfte unter ihnen ledige, teils minderjährige Mütter.

Schlimmer noch als die wirtschaftliche und soziale Situation der jungen Frauen ist die allgegenwärtige Gefahr, Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden. Ciudad Juárez ist bekannt geworden als "Stadt der toten Mädchen", denn der Ort verzeichnet eine erschreckende Zahl von brutalen Serienmorden. Amnesty International spricht von 320 bis 370 ermordeten Frauen und zwischen 400 und 500 vermissten Frauen seit 1993. Die brutalen Umstände der Morde sind Anlass zu unterschiedlichen Spekulationen. Die Hintergründe bleiben bis heute ungeklärt, die Schuldigen werden nicht identifiziert.

Verschiedene - teils abenteuerlich-medienwirksame Theorien ranken sich um die Mordmotive. Es wird von Organhandel, Drogenszene, Produktion von sadomasochistischen Videos, sogenannten Snuff-Filmen (in denen das Töten von Menschen gefilmt wird) oder ""Feminicidios" (durch Frauenhass motivierte Massenmorde) gesprochen. Bis in hohe politische Kreise sollen die Täter reichen. Dem Amnesty-International-Bericht zu Folge wurden 140 der Toten sexuell misshandelt, 75 waren derartig entstellt, "dass sie nicht mehr identifiziert werden konnten". "Knapp hundert Leichen wiesen Spuren sexueller Folterung auf: die Körper waren nackt, Brüste und Geschlecht verstümmelt, die Haut mit seltsamen Schnitten markiert, manche waren teilweise skalpiert, viele trugen Würgemale". Auch die Ähnlichkeit zwischen den ermordeten Mädchen ist auffällig. "Fast alle waren unter 20 Jahre alt, zart gewachsen, mit langem Haar und auffällig attraktiv". "Dieser Frauentyp ist offenbar gezielt "bestellt" und ausgesucht worden. Das ist wie bei gestohlenen Autos, die werden auch nach Marke vorbestellt", glaubt der Fotograf Miguel Perea. Er dokumentiert seit über zwanzig Jahren Gewaltverbrechen in Juárez.

Die Behörden der Provinz Chihuahua haben lange jegliche Zusammenhänge zwischen den gefundenen Leichen geleugnet. Die Mordserie wurde als "normale Kriminalitätsquote" bezeichnet oder auf ein "Selbstverschulden" der Opfer zurückgeführt. Die Ermittlungen wurden unzureichend durchgeführt oder Beweise unter Verschluss gehalten, wie z. B. DNA-Analysen. Viele Beweise sind so für immer verloren gegangen", konstatiert der forensische Kriminologe Oscar Maynez, Leiter einer Untersuchung von acht weiblichen Leichen, die im November 2001 gefunden wurden. "Kaum hatten wir angefangen, mussten wir schon wieder aufhören." Die Order von oben lautete: die Fälle sollten schleunigst abgeschlossen und Schuldige gefunden werden" Bei den gefunden Schuldigen handelte es sich um zwei Busfahrer, die - nachweislich unter Folter - Geständnisse ablegten. (Quelle ai-Journal 4/2003)
Hilfsangebote der benachbarten US-Kräfte wurden kategorisch abgelehnt.

Durch Initiativen und Organisationen zum Schutz der Frauen in Ciudad Juárez ist es gelungen, eine breitere Öffentlichkeit auf die Massenmorde aufmerksam zu machen und somit den Druck auf die mexikanischen Behörden zu erhöhen. So wurde im Januar 2004 mit María López Urbina eine "Sonderstaatsanwältin für die Aufklärung der Frauenmorde von Ciudad Juárez" berufen.
Eine dieser Organisationen ist neben Amnesty International oder der "Mexikanischen Kommission zur Verteidigung und Förderung der Menschenrechte" die "Fedefam". Generalsekretärin dieser Vereinigung ist Judith Galarza (Mexiko). Galarza hatte zuvor bereits einen Zusammenschluss von Familienangehörigen von Mordopfern und Verschwundenen bewirkt. Ihre Schwester war eines der ersten verschollenen Opfer.

Die Filmemacherin Lourdes Portillo versucht mit ihrem 2002 erstmals im US- Fernsehen gezeigten Dokumentarfilm "Señorita extraviada" die Öffentlichkeit über die möglichen Hintergründe der Morde zu informieren. Hierzu hat sie mit Familien der Opfer, Polizeibeamten, Vertretern der örtlichen Ermittlungsbehörden und Frauen gesprochen, "die Mordanschläge wie durch ein Wunder überlebten". Mit Hilfe von "Terre des Femmes" und "Amnesty International" ist Judith Galarza mit diesem Film vom 29. Februar bis 15. März 2004 durch 12 deutsche und österreichische Städte gereist.

Doch trotz dieser Initiativen ist es nicht gelungen, die Gewalt in der mexikanischen Provinz einzudämmen. Im Gegenteil hat sich das scheinbar lustmotivierte Morden auf weitere Städte der Grenzregion ausgeweitet, darunter die Landeshauptstadt Chihuahua. Das Misstrauen gegenüber den staatlichen Ermittlungsverfahren ist hoch.

Im Internet finden Sie zahlreiche Informationen zu den Morden in Ciudad Juárez.
Sie können sich in Protestlisten eintragen, denn in Mexiko hilft nur internationaler Druck.
Werden Sie aktiv:
Protestieren Sie persönlich und über offizielle Institutionen und fordern Aufklärung!
Appellieren Sie an die Behörden
, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit in den Straßen von Ciudad Juárez und Chihuahua zu verbessern, einschließlich der Installation eines Sofort-Reaktions-Systems für Notfälle, verbesserter Straßenbeleuchtung, öffentlicher Telefone, die 24 Stunden täglich funktionieren und Straßenpatrouillen.

Weitere Infos:
www.amnesty.ch
www.amnesty.at

Aus dem ai-Journal März 2004:
www2.amnesty.de

Wie Sie aktiv werden können erfahren Sie unter:
http://www.amnesty.de/de/2910/MEX-Appellfall1.rtf

Eine Petition der Amnesty International kann unterschrieben werden unter: www.PetitionOnline.com

Casa Amiga / Esther Chávez mi amiga
http://www.casa-amiga.org/

Nuestras Hijas de Regreso a Casa - la otra organización que conozco
http://www.geocities.com/pornuestrashijas/pizarra.htm

Arte relacionada con Mujeres de Ciudad Juárez
http://www.mujerarte.com.mx/juarez.htm

Amnistía Internacional
http://web.amnesty.org/pages/mex-251103-action-esl

Mujeres en red
http://www.mujeresenred.net/news/breve.php3?id_breve=11

Alto a la impunidad, ni una muerta más - 2002
http://www.laneta.apc.org/cmdpdh/infmujerescedaw2002.pdf

Película que se va a hacer
www.noticias.vanguardia.com

La película Señorita Extraviada y su directora:
http://www.lourdesportillo.com/senoritaextraviada/

Adressen:
Staatspräsident Lic. Vicente Fox Quesada
Presidente de los Estados Unidos Mexicanos
Residencia Oficial de "Los Pinos"
Col. San Miguel Chapultepec
México D.F., C.P. 11850
MÉXICO
Fax: + 52 5 2 77 23 76
E-mail: webadmon@op.presidencia.gob.mx
Anrede: Señor Presidente
Internetpräsenz der mexikanischen Botschaft in Berlin:
http://www.embamex.de/botschaft.html


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Beitrag vom 05.04.2004

AVIVA-Redaktion